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Zeiss Rechenautomat ZRA1

(1961 – 1971)

Die Baugruppen des ZRA 1


Die grundlegenden elektronischen Schaltungen sind mit Hilfe von Ferritringen und Halbleiterdioden aufgebaut. Elektronenröhren  dienen lediglich zur Impulserzeugung und sind in den Grundschaltungen nicht verwendet worden. Damit beabsichtigte man die  Betriebssicherheit zu erhöhen. Aus den Ferritbausteinen sind das Leitwerk und das Rechenwerk zusammengesetzt. Die Worte  laufen in Serie durch die Register; d.h. die Zeichen eines Wortes laufen nacheinander über die Kernbausteine und die die  Zeichen darstellenden Codeelemente 0 und L ebenfalls. Einen mechanischen Aufbau  haben der Speicher, die Ausgabe und die  Eingabe.


Der Hauptspeicher ist eine Magnettrommel mit 4096 = 212 Zellen. Sie rotiert mit 12000 U/min. Wenn eine bestimmte Zelle aufgerufen wird, kann also maximal eine ganze Trommelumdrehung bis zur Koinzidenz vergehen. Der günstigste Fall tritt ein,  wenn die gesuchte Zelle gerade an den Leseköpfen steht. Dadurch ergibt sich eine mittlere Suchzeit von 2,5 ms.

Magnettrommelspeicher mit Funktionssleitungen

Magnettrommelspeicher mit Funktionssleitungen

Neben dem Hauptspeicher existiert noch eine kleine Schnellspeichereinheit aus 8 Registern ohne Suchzeit. Der Schnellspeicher ist der eigentliche Speicher, aus dem die Operanden kommen. Im Hauptspeicher befinden sich die Befehle. Der Schnellspeicher hat  eine Verbindung zum Hauptspeicher, über die er bei Bedarf aufgefüllt oder entleert werden kann.

Das Eingabewerk ist ein Lochkartenabtaster. Als Eingabemittel dienen Lochkarten. Es werden in der Minute 80 Karten abgetastet. Da jede Karte 12 Worte enthält, sind das pro Minute rund 1000 Worte. Das heißt in rund 4 Minuten ist die Trommel voll gespeichert. Dazu muß ein Kartenstapel von 340 Karten mit ungefähr 60 mm Höhe durch den Kartenabtaster laufen.

Als Ausgabe wird das Druckwerk einer Tabelliermaschine benutzt. Es druckt jedes Wort in eine neue Zeile und zwar im Wesentlichen alle Zeichen gleichzeitig. Als Typen  sind die Ziffern 0 bis 9, *, *, Ø (Leerzeichen), _,◊, vorhanden.  Insgesamt gibt es 16 verschiedene, so dass jede mögliche Tetrade der Elementarcodezeichen 0 und L wiedergegeben werden kann.  Im Dauerbetrieb druckt das Gerät 2,5 Worte oder Zeilen pro Sekunde. In ungefähr einer halben Stunde kann also der ganze  Speicherinhalt ausgegeben werden. Dabei entsteht ein Druckstreifen von 20 m Länge.

Zum Rechenautomaten gehört ferner noch ein Steuerpult. Links steht der Drucker, rechts der Lochkartenabtaster und in der Mitte  das Steuerpult. Der große dreiteilige Schrank  enthält von links nach rechts das Rechenwerk, das Leitwerk und die  Speichertrommel.

Der 1. Direktor Prof. Dr. Johannes Krötenheerdt hinter dem Steuerpult, die Wartungsingenieure Helmut Schiede am Steuerpult und Ernst Menschekowski am Druckwerk.

Der 1. Direktor Prof. Dr. Johannes Krötenheerdt hinter dem Steuerpult, die Wartungsingenieure Helmut Schiede am Steuerpult und Ernst Menschekowski am Druckwerk.

Prof. Dr. Johannes Krötenheerdt und Helmut Schiede waren in ihrer Jenaer Zeit maßgeblich beteiligt an der Entwicklung und der Fertigung des ZRA1. Außerdem wurde von Prof. Dr. Johannes Krötenheerdt die erste Programmieranweisung für den ZRA1 erarbeitet.

Die Worte des ZRA 1

Die Worte des ZRA1 haben eine Länge von 48 bit. Die Bits sind mit Hilfe der geraden Zahlen von 2 bis 96  durchnummeriert, und  zwar von rechts nach links.

Worte des ZRA1

Worte des ZRA1

Das Befehlswort des ZRA1

Das Befehlwort einer Einadressmaschine besteht aus dem Operationsteil und dem Adressteil. Diese Grundstruktur "Operationsteil - Adressteil" haben im ZRA1-Befehlswort die Wortstellen 92 bis 66. Diese Wortstellen heißen beim ZRA1-Befehlswort  Rechenteil. Der Operationsteil umfasst die Wortstellen 92 bis 74 und der Adressteil die Wortstellen 72 bis 66  Die Adresse bezieht sich auch nur auf 8 Schnellspeicher. Sie heißt deshalb genauer Schnellspeicheradresse. Den bereits  erwähnten  Verkehr mit dem Trommelspeicher im Hinblick auf den Zahlentransport und den Befehlstransport steuern die Befehle  im Transportteil des Befehlswortes, welcher die Wortstellen 56 bis 46 besetzt. Der Transportteil hat dazu die Angabe  einer Hauptspeicheradresse nötig. Das Bilden einer Hauptspeicheradresse erfolgt nach den Befehlen des Adressteils auf den  Wortstellen 44 bis 2. Dazu wird eine Grundadresse, Datum genannt, zur Verfügung gestellt. Das Datum kann nach der Anzahl  der Trommelzellen die Werte 0 … 4095 annehmen. Die Wortstelle 94 dient zum Markieren des Befehls und 96 hat für alle Worte  gemeinsame interne Bedeutung

Die Zahlworte des ZRA1

Allgemeines

Da sich die zu verarbeitenden Zahlen aus dem Betrag z und dem Vorzeichen V zusammensetzen, muß das zum Dezimalwort gehörige  Vorzeichen auf der Wortstelle nw = 96 angegeben werden. "-" erfordert an der Wortstelle 96 auf der Eingabelochkarte eine  Lochung.  Zahlen in der Darstellung "Festes Komma"

"Festes Komma" bedeutet, dass die Zahlen eindeutig durch ihre Ziffernfolge bestimmt sind. Alle Zahlen  haben die gleiche  Stellenzahl.

Dezimal (fest)

Für die Dezimaldarstellung des Betrages z einer Zahl im festen Komma stehen 11 Tetraden zur Verfügung. Die 12. Tetrade ist besetzt vom Vorzeichen V. Es können im festen Komma 11-stellige Dezimalzahlen aus dem Bereich
- ( 1 - 10-11 )  ≤ ± z  ≤ 1  - 10-11
mit dem Mindestabstand 10-11 dargestellt werden.

Dual (fest)

Für die Dualdarstellung des Betrages einer Zahl im festen Komma stehen 40 Wortstellen zur Verfügung. Eine Wortstelle ist  besetzt durch das Vorzeichen V. Eine Wortstelle dient als Überlaufstelle. Für den Betrag z der Zahlen in Dualdarstellung im  festen Komma gilt
40
z = ∑  zn * 2-n ,
n=1
wobei die Ziffern zn nur die Werte 0 und L annehmen können.
Damit ist der Zahlenbereich
- ( 1 - 2-40 ) ≤ ± z ≤ 1 -  2-40
erfasst. Der Mindestabstand der Zahlen z beträgt 2-40.

Zahlen in der Darstellung "Bewegliches Komma"

"Bewegliche Komma" bedeutet, dass die Zahlen ihrer Größe nach nicht mehr allein durch ihre Ziffernfolge (Mantisse) festgelegt  sind, sondern außerdem noch von einem Potenzfaktor zu Basis des gewählten Zahlensystems abhängen. Da die Basis festliegt,  genügt als Potenzfaktor jeweils die Angabe des Exponenten. Der Ort des Kommas wird durch den Exponenten festgelegt.  Eine Normalisierungsvorschrift muß die Mehrdeutigkeit der Zahlendarstellung beseitigen.

Dezimal (beweglich)

Auch für die Dezimaldarstellung des Betrages z einer Zahl im beweglichen Komma stehen 11 Tetraden zur Verfügung, während die  12. Tetrade wieder besetzt ist vom Vorzeichen V. Der zulässige Exponentenbereich ist
- 19 ≤ E ≤ + 19
Um im Exponenten Vorzeichenrechnungen zu vermeiden, wird bei der Vorbereitung der Eingabelochkarte nicht der direkte Exponent  E sondern der transformierte Exponent e mit
e = E + 20
berücksichtigt. Der transformierte Exponent e umfasst dann den Bereich  1 ≤ e ≤ 39.  Zu seiner Dezimaldarstellung werden  entsprechend der Ziffernanzahl 2 Tetraden benötigt. Den restlichen 9  Tetraden sind die einzelnen Ziffern einer 9-stelligen  Dezimalmantisse zur Dualverschlüsselung  zugeordnet. Als Normalisierungsvorschrift ist festgelegt, dass die erste Ziffer nach  dem Komma von einer Ziffer verschieden von 0 besetzt ist, und dass die Mantisse keinen ganzen Anteil besitzt. Die Mantisse m  umfasst den Bereich
10-1 ≤ m ≤ 1 - 10-9.
Es können somit im beweglichen Komma Dezimalzahlen aus dem Bereich
0,1*10-19 ≤ ∣z∣ ≤  0,999999999*10+19
dargestellt werden. Mit dieser Vorschrift muß für die Null eine Sonderregelung getroffen werden. Die Null wird durch
+ m * 10e mit m = 0, e = 1   oder E = -19
gegeben.

Dual (beweglich)

Für die Dualdarstellung des Betrages z einer Zahl im beweglichen Komma stehen 43 Wortstellen zur Verfügung. Davon entfallen 36 auf die Matisse m und 7 auf die Größenordnungsangabe (Exponent) g. Eine Wortstelle dient als Überlaufstelle, während die restlichen 4 durch das Vorzeichen V und das Prüfzeichen P und die Q-Zeichen Q1 und Q2 besetzt sind. Für den Betrag z der Zahlen in Dualdarstellung im beweglichen Komma gilt
36
z = 2g * ∑ zn * 2  -n ,
n=1
wobei die Ziffern zn nur die Werte 0 und L annehmen können.
Zur Vermeidung von Vorzeichenrechnung im Exponenten erscheint dieser als Größenordnungsangabe g um 64 zu groß.
g = G + 64.
Im beweglichen Komma sind somit Dualzahlen aus dem Bereich
0,5 * 2-63 ≤ ∣z∣ ≤  (1 - 2-36) * 2+63
darstellbar. Der Mindestabstand beträgt 2G-36. Um Mehrdeutigkeiten auszuschließen, wurde als Normalisierungsbedingung  festgelegt, dass z1 aus der Mantisse immer den Wert L hat. Die Null nimmt eine Sonderstellung ein und erscheint  in der Form
+ m * 2g mit m = 0, g = 1 oder  G = - 63.

Der Informationsfluss im ZRA1

Der ZRA1 kennt im Normalzustand drei Verhaltensweisen: Halt, Eingabesteuerung und Programmsteuerung

Halt:  
In den Registern des Rechenwerkes, des Leitwerkes und des Schnellspeichers kreisen Informationen. Alle Verbindungen zwischen  den Registern sind gesperrt.

Eingabesteuerung:  
Als Eingabemittel dienen die Lochkarten. Nach einer besonderen Lochungsvorschrift enthalten sie die notwendigen Daten. Der  ZRA1 befindet sich im Halt-Zustand und die Lochkarten liegen im Kartenabtaster. Der Druck auf "Start-Eingabe" veranlasst  den Kartenabtaster zur Arbeit.

Programmsteuerung:  
Die Rechenanlage sei bereit zur Arbeit aber noch im Zustand "Halt" befindlich. Der Druck auf den Startknopf "Start-Programm"  löst ein Signal aus, welches die Entschlüsselungselektronik am Befehlsregister in Tätigkeit versetzt. Die im Befehlsregister  befindliche Information wird als Befehl erfasst. Aus der Entschlüsselung treten vier Gruppen  von Signalen, die den vier  Befehlsteilen (Rechenteil, Testteil, Transportteil und Adressteil) entsprechen, in das Leitwerk ein.

Blick in den Lochkartenlocher- und Lochkartenprüferraum in der Reichardtstraße 9

Blick in den Lochkartenlocher- und Lochkartenprüferraum in der Reichardtstraße 9

Programm- und Eingabebefehle des ZRA1

Programm- und Eingabebefehle des ZRA1

Literaturverzeichnis

[1] G. Böttger, H. Kadow, I. Kerner
    Programmieranweisung für den ZRA 1
     VEB Verlag Technik Berlin, 1963
[2] Prof. Dr. Krötenheerdt, J
     Zur Entwicklung der elektronischen Rechentechnik in der DDR
     Wiss.Z. Univ. Halle XXIVM, H. 2, S. 97 - 110

Bildverzeichnis

[1] Universitätsarchiv

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